Das Ende ist nahe

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Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. 1. Petrus 4:7

Mein Schuljahr neigt sich dem Ende zu. An sich ist das sicherlich keine Überraschung, jedoch wird das nun von Woche zu Woche immer deutlicher. Kostbare Freundschaften nähern sich einer unausweichlichen Trennung über tausende Kilometer hinweg. Die Frage, die wir alle recht gut vergessen konnten, kommt jetzt kollektiv zurück: Was mach ich als nächstes?

Ja, das klingt sehr dramatisch. Die Realität ist es aber trotzdem. In weniger als 2 Monaten ist die BSSM offiziell vorbei und dann fliegen wir alle nach und nach wieder in alle Welt zurück. Natürlich planen viele von uns, zum zweiten Schuljahr zurück zu kommen. Trotzdem ist der Gedanke merkwürdig, dass man plötzlich all die guten Freunde, mit denen man fast täglich Zeit verbringt und durch all die schönen und schmerzhaften inneren Prozesse gegangen ist, nicht mehr sieht. Realistisch gesagt nie wieder.

Dazu kommt, dass nach einem Jahr voller Veränderung für jeden die Frage im Raum steht: Was kommt nun? Was mach ich jetzt mit meinem Leben?

Einfach so tun, als wenn dieses Jahr ganz normal gewesen wäre, geht nicht. Ich hab zu viel gesehen, um zum "normalen" Leben zurück zu gehen. Das klingt sehr hochtrabend, ist aber wahr. Wir wurden vorher gewarnt, dass die BSSM unser Leben ruiniert. Genau genommen nicht die BSSM, sondern Jesus. Erweckung. Wer einmal der Liebe von Jesus begegnet und das Übernatürliche erlebt, kann nicht mehr zurück. Anders gesagt: In meiner Zeit hier habe ich viel Potential gesammelt, um mein Leben lang bitter und enttäuscht zu sein. Das Ziel ist aber natürlich, dass genau das nicht passiert.

Deployment Week

Wie kommt es zu dieser plötzlichen Erkenntnis? Meine Neigung zu Kalendern hat sehr wohl geholfen, von Anfang an das Ende im Blick zu haben. Kollektiv kommt die Erkenntnis nun vor allem von der Deployment Week (etwa Entsendungswoche; wenn Soldaten in ein Kriegsgebiet gebracht werden ist das deren deployment).

Worum geht's also genau? Eine Woche lang haben wir uns damit beschäftigt, wie wir dieses Umfeld hier gut und erfolgreich verlassen können. Besser gesagt wurden wir beschäftigt, von Paul Manwaring. Ihn kennt man vor allem durch Bethel Global Legacy, das weltweite Vermächtnis von Bethel. Paul ist auch ein Vater des Hauses, mit seiner persönlichen Mission: Fathering people, fathering organizations.

Vorab: Diese Woche war eine der besten Wochen in der BSSM. Für mich waren zwar keine radikal lebensverändernden Dinge in den Lehreinheiten, aber die strategisch-apostolische Perspektive eines Vaters ist enorm wertvoll.

Herrlichkeit

Was hat das mit Herrlichkeit zu tun? Das hab ich mich auch gefragt! Kurz gesagt tragen wir alle Gottgleichheit. Das ist keine schöne Übersetzung. Wir sind alle Gott ähnlich (in seinem Ebenbild geschaffen!) und jeder trägt ein Stückchen von Gottes Charakter. Jeder auf unterschiedliche Weise.

Dazu kurz definiert (mit der Hilfe von Paul Manwaring):

Gottes Herrlichkeit: Ist das Ergebnis, wenn sich Gott selbst (in seiner Natur) ausdrückt.

Unsere Herrlichkeit: Der ewigliche Wert, den jemand oder etwas hat, weil er Gottes Eigenschaften, Macht und Natur offenbart, reflektiert oder darauf hin zeigt.

Die Frage, welche Herrlichkeit wir tragen, dreht sich also darum, auf welche individuelle Weise wir Gott repräsentieren. Und damit ladet man bei den üblichen Fragen der Selbstentdeckung. Der wichtige Punkt ist hier, dass es eben nicht nur eine nette Selbstfindung ist, sondern dass in unserer Selbstfindung eigentlich Gott-Findung liegt. Und dass klingt nach einer ganz vernünftigen Sache.

So ging es diese Woche also viel um die üblichen Prozesse, in denen herausgefunden werden kann, wo Stärken liegen und welche Karrieren sinnvoll sind. Unterstützt mit zahlreichen Diagrammen und Fragebögen haben wir die nötigen Werkzeuge bekommen, um die Fragen nach dem nächsten Schritt selbst zu erforschen. Thematisch ging es aber auch viel darum festzustellen, an welchen Stellen der Reise man gerade hängt und welche Dinge am wichtigsten sind für die nächsten Schritte.

Erfolgreich Gehen

Ja gegangen bin ich noch nicht. Allerdings kann ich ein paar wirklich sehr einprägende Dinge weitersagen, die ich gehört und für sinnvoll befunden habe. Wichtig ist dabei, dass die BSSM vor einigen Jahren eine große Studie genau zu diesem Thema durchführen lassen hat, um herauszufinden, welche Schüler erfolgreich dieses Umfeld verlassen.

Absolventen, die bewusst Teil einer lokalen Gemeinde sind, haben einen signifikant erfolgreicheren Übergang. Insbesondere ist dieser Effekt viel größer im Vergleich zu Absolventen, die mit anderem Absolventen zusammen bleiben, aber nicht Teil einer lokalen Gemeinde sind. Wer hätte es gedacht: Gemeinde ist wichtig. Jesus mag seine Braut. Aber nachvollziehen kann ich trotzdem, dass viele Absolventen damit Schwierigkeiten haben. Bethel und insbesondere die BSSM ist so anders, dass ich Schwierigkeiten habe überhaupt zu erklären, wo genau die Unterschiede und "Defizite" liegen. Es ist eine Kultur, die über Jahrzehnte bewusst kultiviert wurde, von Menschen die ihr Leben für die Erweckung in der nächsten Generation leben. Das findet man nicht überall.

Halte deine Geschichte am Leben. Wenn die Lücke zwischen der Gegenwart und deinen Träumen zu groß ist, fällst du in die Lücke, sobald du nach vorn gehst. Mit anderen Worten: Große Träume sind gut und wichtig, aber wir brauchen greifbare nächste Schritte. Ich glaub das trifft auf jeden zu, zumindest solange man sich nach vor bewegt.

Es kann niemals um den Dienst gehen. Die Person von Jesus muss immer zentral sein. Solche Sätze hören wir immer wieder. Gesprochen zumeist von Menschen, die im "Vollzeitdienst" leben. Der Punkt ist also nicht, dass Dienst unwichtig oder gar schlecht ist. Nein. Der Punkt ist, dass wir nicht leben um irgendeinen Dienst zu erfüllen. Wir leben für die Gemeinschaft mit Jesus. Er muss zentral sein, sonst geht alles andere den Bach hinunter.

Mein Abgang

Unausweichlich stellt sich jetzt eine Frage: Thomas, wann und wohin gehst du denn? Oder besser gesagt werde ich ja meistens gefragt kommst du wieder?

Dazu gibt es eine Reihe von Antworten. Erstens: Ja, ich komme wieder. Das ist auch keine Überraschung, der Rückflug ist schon lange gebucht und eine Notwendigkeit, da ich bis Anfang Juni (zumindest erstmal) ausreisen muss. Aber das beantwortet natürlich die Frage kaum. Wahrheitsgemäß muss ich auch dazu sagen, dass ich schlicht nicht weiß, wohin die Reise schließlich geht. Das hilft jetzt natürlich auch nicht weiter.

Es folgt ein Versuch, die häufig gestellten Fragen (die öfters mit hoffnungsvollen, besorgten oder ängstlichen Augen einhergehen) zu beantworten.

Machst du das zweite Schuljahr? Wichtige Frage. Ja, ich habe mich beworben. Ja, ich werde es machen, wenn ich angenommen werden. Nein, das ist nicht garantiert.

Bleibst du in den USA? Unwahrscheinlich. Redding ist schön, aber ich vermisse ordentliches Brot, Fußwege und Kippfenster.

Kommst du nach Zwickau? Das ist meine Standardoption. Solange Gott mir nichts anderes sagt, nehme ich das an. Wann genau und wie lange, das sind natürlich die spannenderen Fragen. Fakt ist, dass mir Deutschland und der Osten sehr am Herzen liegt. Zwickau und die Region natürlich auch, schließlich komme ich von dort und hatte noch nie groß das Verlangen, unbedingt wegziehen zu wollen. Ich habe persönlich große Hoffnung für die Region!

Wirst du jetzt Pastor? Nö. Ich sehe meine Berufung (oder einen Teil davon) in der Gemeinde. Das ist mir sehr wichtig. Ich glaube, dass Gemeinde immer eine zentrale Rolle in meinem Leben spielen wird. In absehbarer Zeit ist das aber nicht mein Beruf (im Sinne des Einkommens). Jedenfalls nicht in meinen Augen.

Was wirst du denn sonst wenn du mal groß bist? Beruflich sehe ich mich nach wie vor in der Informatik. Ein Masterstudium in Informatik klingt für mich immer noch nach einer Menge Spaß. Wie das dann genau beruflich aussieht, kann ich natürlich nicht sagen.

Bist du jetzt besonders heilig? Ja, sehr. Aber keine Sorge, ich werde mein Gesicht verhüllen, falls es zu unerträglich wird.