Retreat

8-11 mins (2040 Wörter)

Retreat. Nachdem die ersten Wochen BSSM schon ziemlich intensiv waren, haben die 3 Tage Retreat alles noch viel mehr beschleunigt. Für viele ist das der Höhepunkte des ganzen ersten Schuljahres (Quelle: Meine Gespräche mit Schülern aus zweitem und dritten Jahr.) Ich bin immer noch dabei, mich irgendwie vom Retreat zu erholen, einfach weil so viel (gutes) passiert ist.

Was ist ein Retreat?

Retreat ist der Rückzug. Ganz konkret sind wir als Revival Group (RG) ins absolute Nichts gefahren. Mitten im Nichts und umgeben von Bergen haben wir 3 Tage auf der JH Ranch verbracht. Die Ranch ist ziemlich groß, sodass zwei RGs vom First Year, zwei RGs vom Second Year, sowie die zugehörigen Third Years und auch einige freiwillige Helfer dort untergekommen sind. Die JH Ranch veranstaltet normalerweise typische amerikanische Sommercamps für eine Zielgruppe mit mittlerem oder höheren Einkommen. Daher kann ich mich absolut nicht beschweren, unsere Hütten waren ziemlich modern und voll klimatisiert. Das war bei gut 1000m Höhe und leicht verregnetem Wetter auch echt nötig.

So fährt also die gesamte BSSM mit allen drei Schuljahren auf Retreat. Da das ungefähr 2500 Menschen sind, sind nicht alle gleichzeitig und and den gleichen Ort gefahren. Innerhalb einer Woche sind die RGs an vier verschiedene Orte gefahren.

Was macht man auf einem Retreat?

Kurze Antwort: Man ist sehr viel im Heiligen Geist betrunken und hat Gemeinschaft.

Im Grunde geht es darum, als RG gemeinsam eine Menge Zeit zu verbringen. Es bringt Menschen immer etwas näher zusammen, wenn sie tatsächlich den ganzen Tag miteinander verbringen. Dementsprechend ist intensive Gemeinschaft ein elementarer Bestandteil vom Retreat, aber natürlich auch eine Menge geistliches.

Allein die Fahrt ist nennenswert: Wir durften uns nicht unsere Fahrgemeinschaften aussuchen, sondern wurden eingeteilt. Für die gut 2,5h lange Fahrt haben wir dann 10 Aufgaben bekommen. Angefangen hat das mit einem lustigen Gruppenfoto, das wir in unserer Facebook Gruppe posten sollten. Andere Aufgaben haben sich darum gedreht, Teile unserer persönlichen Geschichte zu erzählen oder etwa die Bedeutung unserer Vornamen herauszufinden. Bei Aufgabe vier waren wir dann aber schon bei folgender Aufgabe: Glaube wird RISIKO buchstabiert: Sing ein prophetisches Lied über deinen linken Nachbarn. Nunja, in einem Auto mit vier jungen Männern war das doch schon unterhaltsam (aber viel besser als wir alle erwartet haben!). Mit solchen Aufgaben ist die Zeit absolut verflogen, zumal die wunderschöne und größtenteils Menschenleere Landschaft auch absolut bemerkenswert ist.

Auf der Ranch angekommen war der erste Programmpunkt Prophetische Stationen. Was bedeutet das? Die Schüler aus dem Second Year haben für uns prophezeit, allerdings auf viele verschiedene (kreative) Weisen. So gab es verschiedene Stationen, an denen wir uns anstellen konnten, um prophetische Wörter zu empfangen. Es gab "normale" Prophetie (man setzt sich zu zwei Menschen die schlicht prohpezeien), prophetische Kunst (man bekommt ein Bild gemalt und dann eine gewisse Erklärung/Interpretation) oder prophetischer Gesang (die Prophetie wird sowohl gesungen als auch musikalisch überliefert). Meine beiden Highlights sind zum einen die prohpetische Handmassage, bei der man während der Prophetie die Hände massiert bekommt, und zum anderen die blinde Prophetie, bei der die Prophezeienden die Augen verbunden haben. Das ist wirklich vollkommen verrückt, weil man kein einzige Wort sagen muss, sodass diejenigen nicht mal wissen, ob man männlich oder weiblich ist. Total verrückt. Insgesamt waren es so 8 verschiedene Stationen. Das Beste: Wir werden hier ermutigt, prophetische Wörter immer aufzuzeichen, sodass wir sie später nochmal anhören können. Allein von dem Nachmittag hab ich fast 30min an Prophetie.

Am ersten Abend gab es dann eine große Veranstaltung mit allen RGs, die gerade auf der JH Ranch waren. Nach gut 2h Lobpreis in einem etwas kühlen, aber gut gelaunten Zelt hat der Prediger (James Heth) direkt seine Predigt aufgegeben. Stattdessen sollten wir in kleine Gruppen füreinander beten. Auf dem Retreat erleben viele zum ersten mal persönlich die Begegnung mit Gottes Kraft oder Manifestationen im Heiligen Geist (unkontrolliertes Lachen, Zucken, Zittern, manche fallen zu Boden). Daher sollten wir einfach füreinander beten, dass wir im Heiligen Geist gefühlt werden und ihm neu begegnen. Allerdings sollten wir dabei denjenigen, für den gebetet wird, nicht berühren (also keine Hände auflegen), da viele Angst davor haben, dass die nur umfallen, weil sie gedrückt werden. Der Heilige Geist ist absolut ausgebrochen, viele sind umgefallen und wurden dabei definitiv nicht von anderen geschubst.

Nach dem offiziellen Ende lag dann ein total vom Heiligen Geist betrunkener Haufen von Menschen rings um Richard (mein RGP). Viele von uns saßen oder lagen da noch mit ringsrum. Es fällt mir schwer zu beschreiben, wie das genau aussieht, aber es ist einfach nur sehr, sehr, sehr lustig anzusehen. Jedenfalls ist es nicht fraglich, warum man diesen Zustand Betrunken (im Heiligen Geist) nennt.

Am nächsten Morgen haben wir uns dann als RG getroffen, um intensiv Zeit miteinander zu verbringen. Ich weiß nicht genau, wie das zu bezeichnen ist, was wir veranstaltet haben: Im Grunde ging es darum, dass wir Freiheit von Lügen, Verletzungen, etc. erleben können, wenn wir Licht in die Dunkelheit bringen und im Kontext von Familie (das ist unsere RG) verletzbar sind. Angefangen hat das mit den Mitarbeitern (Thrid Years), die sehr intime und persönliche Dinge mit uns geteilt haben, um zu zeigen was es bedeutet, verletzbar zu sein und welche Heilung geschehen kann, wenn das in einem sicheren und von Vertrauen geprägtem Umfeld passiert. Da Richard immer wieder betont, dass er diese Atmosphäre von Vertrauen absolut verteidigt, kann (und will) ich nicht wirklich Details nennen. Aber ein Mitarbeiter hat uns von einer tief intimen Sache erzählt, die er bis dahin nur seiner Frau, zwei Wochen zuvor, erzählt hat. Nachdem die Mitarbeiter "vorgelegt" haben, konnten dann wir nach dem gleichen Prinzip Dinge mit der gesamten RG teilen. Das Prinzip war dabei recht simpel: Als erstes sollte die Person sagen, was die Lüge ist (oft schwerfällig und unter Tränen) und dann, welche Wahrheit dem entgegensteht. Richard hat so ein unfassbares Herz, dass einfach nur von Liebe geprägt ist, sodass er alle total sanftmütig durch diese Dinge geführt hat, die teilweise sehr schwer auszusprechen waren. Wir alle haben dann gemeinsam der Lüge wiedersprochen, die entsprechende Wahrheit deklariert und sind so Teil des Durchbruchs geworden. Wenn jemand anders bereits einen Durchbruch in dem gleichen Bereich (etwa sexueller Missbrach) hatte, hat diese Person dann ihren Durchbruch für diejenigen freigesetzt. Da dieser intime Prozess seine Zeit braucht, konnten "nur" 15-20 drankommen, obwohl wir nochmals in einem großen Teil der Pause am Nachmittag weitergemacht haben.

Ich weiß nicht, ob man sich wirklich vorstellen kann, wie intensiv diese Zeit war, wenn man nie teil von so etwas war. Ich selbst saß den Großteil der Zeit einfach nur in diesem Raum und habe über gestaunt. Gestaunt über das Niveau an Intimität und Verletzbarkeit. Gestaunt über das tiefe Vertrauen. Aber auch absolut über die Freiheit, die diese Personen erlebt haben. Ich konnte Teil davon sein, wie Menschen Freiheit von Dingen erlebt haben, die sie teilweise seit Jahrzehnten geplagt haben. Es wurden Lügen gebrochen, die das Leben von einzelnen definiert haben. In diesem Raum habe ich mich vor allem einfach nur geehrt gefühlt, überhaupt anwesend und Teil sein zu können. Unglaublich. Man kann den Betroffenen übrigens vollkommen ansehen, dass sie jetzt in neuer Freiheit leben. Und wir (als RG) kennen alle die Geschichte dahinter und können sie anfeuern, motivieren und ermutigen.

Am zweiten Abend haben wir uns dann wieder alle versammelt und Gott gefeiert. Nach dem üblichen, intensiven Lobpreis hat dann Richard gepredigt. Genauer muss ich sagen, dass Richard versucht hat zu predigen. Das liegt nicht daran, dass er kein guter Sprecher ist, sondern dass die Atmosphäre vom Heiligen Geist vollkommen durchzogen war. Nach seinen eigenen Worten war er völlig abgelenkt vom Heiligen Geist und hat immer wieder Einzelne oder Gruppen herausgerufen, um für sie zu beten. Meistens sind diejenigen währenddessen auf den Boden gefallen. Als er dann eine Schülerin aufgefordert hat, ein kurzes Zeugnis zu geben, konnte diese kaum auf der Bühne stehen, weil sie so betrunken war. Auch Richard ist beim Predigen auf der Bühne umgefallen. In der Hinsicht ist das sicherlich die lustigste "Predigt", die ich je erlebt habe!

Danach haben wir (Richard's RG) einen Feuertunnel gemacht: Ein Feuertunnel funktioniert so, dass die Beter einen Tunnel bilden, durch den dann diejenigen durchlaufen, die gesegnet werden. Dabei legen die außen stehenden den Menschen im Tunnel die Hände auf und beten in diesem Fall für Feuer, also Gottes Kraft (es gibt auch Freudentunnel, Heilungstunnel, etc.). Ich hab hier schon einige Feuertunnel erlebt, aber dieser war einfach eine Stufe höher. In den etwa 45min, in denen ich außen stand, habe ich wahrscheinlich an die 100 Menschen aufgefangen, allein an meiner Stelle. Der Durchlauf hat ziemlich gestockt, einfach weil weit über die Hälfte nur betrunken durch den Tunnel gewankt sind. Das ist ein ziemlich surreales aber auch sehr lustiges Erlebnis! Wir hatten gut zu tun, die Menschen im Tunnel vom Fallen abzuhalten und halbwegs nach vorn zu bewegen. Der Heilige Geist hat also enorm gewirkt. Während der ganzen Zeit hat Richard versucht, etwas Ordnung in dieses heilige Chaos zu bringen und dementsprechende Anweisungen gegeben. Wenn man eine Anweisung wie Bitte nicht prophezeien, nur Hände auflegen hört, kann man eigentlich nur lachen. Es sagt glaube ich recht viel über die Atmosphäre, wenn es ein "Problem" ist, dass zu viele der Beter prophezeien.

Auch dieser Abend hat dann darin geendet, dass eine Menge vom Menschen größtenteils betrunken umherlag, spontan gesungen hat und ähnliches. Manche hatten wirklich intensivste Begegnungen mit Gott. Als ich einen meiner Freunde zu unserer Unterkunft gebracht habe (weil er kaum laufen konnte), hat er mich plötzlich mit perfektem und akzentfreiem Deutsch angesprochen. Ich habs später überprüft: Er ist Brite und kann kein Deutsch. Er konnte mir in der Woche danach nicht nochmal das gleiche sagen, was er mir in dieser Nacht gesagt hatte. Der Heilige Geist macht manchmal echt verrückte Sachen!

Der letzte Tag war dann eigentlich nur zur Abreise bestimmt. Ein Gruppe von etwa 10 Schülern aus meiner RG hat die ganze Nacht hindurch manifestiert, gelacht, gesungen und so weiter. Das volle (erschöpfende!) Programm. Eben diese habe ich dann angetroffen, als ich mir meine Kaffee holen wollte. Ich hab mich also mit zu unserer Gruppe gesetzt und einfach nur Gottes Gegenwart genossen. Keine 10min später hab ich dann Gottes Herrlichkeit so intensiv erlebt, dass es schlicht zu viel war für meine Körper. Unbeschreiblich. Vor allem ist diese Normalität für mich so krass. Oftmals haben wir intensive Begegnungen mit Gott nach längeren Lobpreiszeiten. Das war einfach vor dem Frühstück, ohne lange dafür zu beten. Gottes Herrlichkeit braucht offenbar keine lange Vorarbeit.

Nach einem sehr lustigen Frühstück (lustig, weil mache versucht haben zu essen, obwohl sie immer noch am ganzen Körper gezittert haben) haben wir dann noch ein Gruppenfoto gemacht. Nun, manchmal wirkt der Heilige Geist durch das Auflegen von Händen, also durch Berührungen im Natürlichen entstehen Übertragungen im Übernatürlichen. Wir hatten gewisse Schwierigkeiten, unser Gruppenfoto hinzubekommen. Es sind einfach immer wieder Menschen umgefallen. Wir mussten Einzele tatsächlich hochhalten, weil sie nicht für das Foto stehen konnten. Ich glaub das sagt schon eine Menge über die Stimmung und Intensität auf dem Retreat.

Was macht man nach so einem Retreat?

Ich versuche das alles zu verarbeiten. Das gelingt mir ehrlich gesagt nur bedingt, unter anderem auch, weil es mit dem Retreat nicht aufgehört hat. Die Schule läuft "ganz normal" weiter und Erlebnisse mit Gott passieren auch weiterhin.

Zwei Tage nach dem Retreat wurde ich beispielsweise nach der Schule eine Stunde lang entführt, weil eine wundervolle Dame aus meiner RG (gehört auch zu meinen Nachbarn) einen Traum hatte. Ich wurde wegen einem Traum (den jemand anders hatte) entführt. Das ist eine Geschichte für sich. Allerdings steckt dahinter eine ziemlich verrückte (unerwartete) Prophetie. Um fair zu sein muss ich dazu sagen, dass die Entführer mir helfen wollten, weil sie die Gabe der Trauminterpretation haben. Also es war eine relativ angenehme Entführung, jedoch war es keine Option für mich, das Auto zu verlassen. Ich wurde jetzt ganz offiziell wegen einem Traum entführt. Das kann einem nur an wenigen Orten passieren.

Insgesamt staune ich einfach nur. Was Gott in diesen zwei Monaten schon gemacht hat ist krass, und die Beschleunigung in den letzten zwei Wochen ist nicht weniger beeindruckend. Mir geht es also gut, genauer ist mein Zustand so zu beschreiben: Ich bin im Prozess. Mal schauen wo der Prozess mich hinbringt.